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Versagens- und Prüfungsangst

Wie kommt es zu Prüfungsängsten und wie werden diese behandelt?

Wie häufig sind Prüfungsängste?


Prüfungs- und Leistungssituationen sind den meisten von uns bekannt. Im Laufe der schulischen Ausbildung, im Studium oder in sonstigen Fort- und Weiterbildungen haben wir eine Vielzahl an Situationen zu absolvieren, wo wir zeigen müssen, dass wir die erforderlichen Inhalte gelernt und verstanden haben.

Auch sind die meisten von uns vertraut mit bestimmten Spannungs-, Stress- und Nervositätszuständen vor und während solcher Leistungssituationen. Das Ausmaß dieser Zustände kann jedoch stark variieren, nicht nur von Situation zu Situation, sondern auch von Person zu Person. Manche Prüflinge sind beispielsweise nur wenig angespannt und aufgeregt. Für andere können diese Situationen jedoch als massiv bedrohlich wahrgenommen werden, was dann auch mit einer starken emotionalen und körperlichen Symptomatik einher gehen kann.

Prüfungsangst, Prüfungsängste, Leistungsdruck, Versagensangst

Eine allgemein anerkannte Definition zur Prüfungsangst liegt nach heutigem Stand nicht vor. Daher ist es auch schwer einzuschätzen, wie häufig Prüfungsängste grundsätzlich vorkommen und ab wann diese überhaupt einen Krankheitswert besitzen. Die Schätzungen sind daher sehr ungenau und weisen eine große Streuung auf. Fehm, Fydrich und Sommer (2022) vermuten einen Anteil an Personen mit krankheitswertiger Prüfungsangst mit ca. 5 bis 25 Prozent. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. Prüfungsängste treten häufig zusammen mit anderen psychischen Erkrankungen wie Sozialer Phobien, der Panikstörung, der Agoraphobie oder auch depressiven Erkrankungen und Süchten auf.

Welche Ursachen haben Prüfungsängste?


Da die Prüfungs- und Leistungssituationen an sich grundsätzlich für alle die gleichen sind, stellt sich die Frage, warum ein und dieselbe Situation so unterschiedliche Reaktionen bei unterschiedlichen Personen hervorrufen kann. Obwohl es mehrere Modelle zu Prüfungsängsten gibt, sind Erklärungen für den Einzelfall häufig schwer zu finden. Meist ist es ein Zusammenspiel aus unterschiedlichen Risikofaktoren und aufrechterhaltenden Bedingungen.

Zu den Risikofaktoren zählen beispielsweise bestimmte personenbezogene Eigenschaften wie allgemeine Ängstlichkeit, mangelnde Lernkompetenz, fehlende Motivation und wenig Interesse oder auch ein erhöhtes körperliches Erregungs- und Anspannungsniveau. Frühere negative Erfahrungen zu Leistungs- und Prüfungssituationen können die Entwicklung von Prüfungsängsten ebenfalls begünstigen.

Diese Ängste werden dann oftmals durch bestimmte Gedanken und Grundüberzeugungen (z.B. Perfektionismus, Katastrophendenken, von außen auferlegter Druck durch Eltern oder Lehrer*innen) oder auch durch das eigene Verhalten (z.B. Aufschieben des Lernens oder Absagen der Prüfung) aufrecht erhalten.

Wie äußern sich Prüfungsängste?


Prüfungsängste spielen sich auf kognitiver, emotionaler, körperlicher und verhaltensbezogener Ebene ab:

  • Kognitiv: negative Gedanken und Überzeugungen über die Situation (z.B. "An dieser Prüfung hängt meine gesamte Zukunft.") oder sich selbst (z.B. "Ich bin inkompetent und unfähig.")
  • Emotional: Angst bis hin zu Panik, Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit bis hin zu depressiven Zuständen
  • Körperlich: starke physiologische Reaktionen sowohl während der Vorbereitung als auch kurz vor oder während der Prüfung (z.B. Herzrasen, Atemnot, Verdauungsbeschwerden, Zittern, Schwitzen usw.)
  • Verhalten: Aufschieben und Vermeiden von allem was die Vorbereitung oder die Prüfung betrifft; Ablenkung durch Social Media, Serien schauen oder ähnlichem

Die Diagnosestellung stellt aufgrund des Fehlens allgemein akzeptierter Kriterien eine gewisse Schwierigkeit dar. Laut den international geltenden Klassifikationssystemen kann die krankheitswertige Form der Prüfungsangst entweder als Spezifische Phobie (ICD-10) oder als Soziale Phobie (DSM-V) klassifiziert werden. Wenn die Leistungssituation an sich aufgrund früherer Erfahrungen einen phobischen Charakter hat, scheint die Spezifische Phobie besser zu passen. Wenn jedoch eher die Angst vor der Bewertung und die Bedrohung für den Selbstwert im Mittelpunkt steht, ist die Diagnose einer Sozialen Phobie gerechtfertigt.

Jedenfalls sollte eine Abgrenzung zur normalen Aufgeregtheit und Nervosität vorgenommen werden. Ein Krankheitswert liegt dann vor, wenn die Ängste zu deutlichen Einschränkungen (z.B. Blackouts während der Prüfung, massives Aufschiebeverhalten, oftmaliges Absagen von Prüfungen) führen und der eingeschlagene Ausbildungsweg dadurch in Gefahr ist. Auch muss eine merkliche subjektive Belastung und ein Leidensdruck aufgrund der Symptomatik vorhanden sein.

Selbsttest Prüfungsangst

Der folgende Test dient lediglich Ihrer eigenen Einschätzung der Symptomatik. Auf eine Interpretation der Ergebnisse wurde bewusst verzichtet, da dies ausschließlich in Absprache mit einer dafür ausgebildeten Person erfolgen soll.

Welche der folgenden Aussagen treffen auf Sie zu?

Wie werden Prüfungsängste behandelt?


Die Behandlung in meiner Praxis richtet sich an ältere Schüler*innen (ab ca. 18 Jahren) und Studierende. Nach dem Erstgespräch wird in meiner Praxis meist eine ausführliche, psychologische Diagnostik durchgeführt. Dabei wird das Ausmaß der Symptomatik eingeschätzt und entschieden, ob die Diagnose einer Prüfungsangst in Form einer Spezifischen Phobie oder einer Sozialen Phobie gerechtfertigt ist. Auch sollen andere psychische Erkrankungen abgeklärt werden.

Nach der Feststellung der Diagnose erfolgt die Psychoedukation, in der über die Ursachen und aufrechterhaltenden Bedingungen im individuellen Fall informiert wird. Dies hilft dabei, die gesamte Problematik für sich selbst besser einordnen zu können.

Danach werden die motivationalen Aspekte abgeklärt. Es kommt gar nicht so selten vor, dass Personen beispielsweise überhaupt kein Interesse am Studienfach haben oder der Ausbildungsweg nur deswegen eingeschlagen wurde, weil es von den Eltern so erwartet wird. In diesem Fall kann ein Wechsel des Studiums oder des Ausbildungsweges bereits die passende Intervention darstellen.

Falls der motivationale Aspekt nicht die vorrangige Ursache darstellt, wird an einem Zeitplan und an den Lernstrategien gearbeitet. Ein Zeitplan ist für die Prüfungsvorbereitung sehr förderlich und kann auch dabei helfen, Struktur und Regelmäßigkeit in den Lernalltag zu bringen. Genauso kann es sehr hilfreich sein, die für sich selbst und für den Inhalt passenden Lernstrategien zu finden. Dadurch kann auf der einen Seite die Lernmotivation gesteigert werden und auf der anderen Seite der Inhalt besser gefestigt werden.

Der nächste Schritt umfasst Strategien zum Umgang mit der körperlichen und emotionalen Angstreaktion. Zu diesen Selbstregulationsstrategien zählt das Erlernen unterschiedlicher Entspannungs- oder Atemtechniken, Wahrnehmungslenkungsstrategien, Selbstinstruktionen, Imaginationen oder Anti-Blackout-Strategien. Hier ist es wichtig, die für die Person passenden Interventionen zu finden.

Zusätzlich liegt ein Schwerpunkt auf der Arbeit mit den Gedanken und Überzeugungen. Unsere emotionalen, körperlichen und verhaltensbezogenen Reaktionen sind stark von unseren Gedanken abhängig. Die hinderlichen und angstauslösenden Gedanken sind in einem ersten Schritt zu identifizieren und wahrzunehmen. In einem zweiten Schritt werden diese Gedanken in Frage gestellt. Zum Beispiel kann abgeklärt werden, ob ein Durchfallen bei der Prüfung tatsächlich "ein Weltuntergang wäre". Im dritten Schritt werden diese Gedanken und Überzeugungen relativiert und durch neue Gedanken ersetzt. Der vierte Schritt umfasst dann das laufende Einüben dieser neuen Gedanken.

Schlussendlich kann es hilfreich sein, die Prüfungssituation zu simulieren. Die gelernten Strategien können so auch besser eingeübt werden und die Person kann sich besser auf die Prüfungsfragen und den abzurufenden Inhalt konzentrieren. Je öfter diese Situation relativ realitätsnah eingeübt wird, desto wohler und kompetenter sollte sich die Person schlussendlich fühlen.

Mit Hilfe dieser Schritte werden Sie sowohl bei der Vorbereitung als auch während der Prüfung deutlich gelassener und fokussierter sein.

Literatur:
Fehm, L., Fydrich, Th. & Sommer, K. (2022). Prüfungsangst (2. überarbeitete Auflage). Göttingen: Hogrefe.
Nolle, T. (2022). Blackout, Bauchweh und kein’ Bock - Therapie und Coaching bei Prüfungsangst, Prokrastination und Leistungsdruck. Heidelberg: Carl-Auer.


Mag. Dr. Hannes Mayerl Psychologe Graz Angst Panik Phobie

Ihr Experte.

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Soziale Angststörung Bei der Sozialen Angststörung handelt es sich um eine weit verbreitete Angsterkrankung, die in Europa eine Lebenszeitprävalenz von ca. 7% aufweist.